Festtag "30 Jahre Tor-Weg-Wohnung" am 18. Juni 2005

Die fürstliche Verwaltung hatte die Landwirtschaft schon aufgegeben, ehe das gesamte Burggelände Ende 1968 verkauft wurde. Außer dem Hohen Schloss übernahm die Evangelische Kirche auch die Gutsgebäude und das Gutsgelände.
Durch den Ausbau des Eulenturms als Treppenaufgang konnten die Bauten, die an den Hof angrenzten erschlossen und in den Burgbetrieb einbezogen werden. Der andere Bereich des Gutshofs blieb leer stehen, bis im Jahre 1975 die Tor-Weg-Leute sich dort einnisteten und den "Gutshof für Spiel und Theater" gründeten.

30 Jahre ist das jetzt schon her. Viele Angehörige der alten Gründergeneration waren beim Jubiläumsfest am 18. Juni dabei, aber noch mehr junge Leine, die inzwischen nachgewachsen sind, und für die Hohensolms mit der Tor-Weg-Wohnung ein wichtiges Stück Lebensraum geworden ist.

Das Programm des Festtags, das am frühen Nachmittag mit dem Gottesdienst begann, war gut vorbereitet und brachte eine Fülle von Eindrücken. Dazu kam -als Geschenk, als Zugabe?- das "Bilderbuchwetter", mit dem der Tag so gut und glänzend gelingen konnte.

Der Gottesdienst war geprägt durch das darstellende Spiel, das die einzelnen Teile begleitete. Die Zeit, Anlass für ein Jubiläum, für den Rückblick, wurde ins Bewusstsein gebracht durch die Erinnerung an Andek, den Landarbeiter aus Polen, den Uhrensammler, der einmal Bewohner eines Raumes der Torwegwohnung gewesen ist.

Später sangen wir: "Es kommt die Zeit, in der die Träume sich erfüllen ..." (EG 560). Das nahm den Predigttext auf, die Geschichte von den Träumen des Pharao (l. Mose 41). Bei der Predigt erschienen sie dann selbst, die Weisen, die dem Pharao helfen sollten, seine Träume zu deuten. Und sie gaben ihre Erklärungen aus der jeweiligen Experten-Sicht der Philosophie, der Ökonomie und Finanzwirtschaft, der Psychologie und Esoterik. Was ist und gilt wirklich? Wie gehen wir mit unserem Leben um, und was haben wir zu hoffen? Die Darsteller, Spieler ergänzten Ulrich Britz, den Prediger und Liturgen. Beteiligt war ein Bläserensemble unter der Leitung von Landesposaunenwart Frank Vogel. Nach dem Vorspiel führte es den Gesang in der vollbesetzten Kirche und spielte auch später noch im Tor-Weg.

Dort und auf dem Platz vor der Regenbogenhalle war dann später "buntes Leben und Treiben". Vor allem aber bildete der Paradiesgarten mit den Kaffeetischen einen Mittelpunkt. Dort konnte Hubert Heck, der Vorsitzende des TWW-Vereins, die Gäste begrüßen. Dort war Gelegenheit zu Begegnungen und Gesprächen. Kaffee Gebäck, Getränke. Alles war aufs Beste vorbereitet; Ausschank und Verkauf im Roten Rinderstall, Spülküche in der Melkkammer.

Das war um auch Gelegenheit zu einem Rundgang durch die einzelnen Bereiche der Tor-Weg-Wohnung. Zu ihnen gehört neben dem Roten Rinderstall mit der "Einsiedelei" und der "Hoffnung" die Knechtskammer. In der eigentlichen Wohnung über dem Torweg ist jetzt der Dachboden mit neuem Parkett versehen, von fachkundigen Leuten in Eigenhilfe verlegt. Das gibt neue Anreize zum Gebrauch als Bereich für Spiel und Theater.

Das Festprogramm wurde schließlich abgerundet durch das Spiel "Wo lieg eigentlich Assisi?" Eigentlich sollte es in der Regenbogenhalle stattfinden. Wegen des schönen Wetters verlegten es die beweglichen Chawwerusch-Leute in den Renteigarten und machten ein Freilichttheater (neudeutsch: "open air") daraus.

Die Wurzeln der Theatergruppe Chawwerusch, die jetzt in Herxheim in der Pfalz ansässig ist haben auch etwas mit Hohensolms zu tun. In der Regenbogenhalle spielte die Gruppe, die aus der Tor-Weg-Wohnung wichtige Anstöße erhielt seinerzeit "Geschichten aus dem Hohensolmser Land". Inzwischen ist Chawwerusch auch zwanzig Jahre alt!

30 Jahre Tor-Weg-Wohnung - Anlass, über das eigenartige Neben- und Miteinander nachzudenken: Die Jugendburg mit ihm Freundeskreis, ihrer Tradition, zugleich ein Höchstmaß an Erneuerung, Modernisierung, nicht nur der Gebäude, sondern auch die des "Betriebs". Daneben in ihrem Eigenbereich die Tor­Weg­Leute, der bewusst einfache, "alternative Stil" - in den Räumen, die dadurch erhalten, genutzt und mit Leben gefüllt werden.

Wird sich das auch in den kommenden Jahren fruchtbar ergänzen - damit Menschen "gebildet", gestärkt und befähigt werden, ihr Leben zu meistern?

Otto Kammer