Perspektive 2025

Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau führt Strategiedebatte

Bis zum Jahr 2025 soll es in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) grundlegende Änderungen geben, das hat die Kirchenleitung in ihrem Strategiepapier "Perspektive 2025" der vom 25. bis 28. April 2007 in Frankfurt tagenden Kirchensynode vorgeschlagen. Die Synode nahm das Papier als Grundlage für die weitere Arbeit an und beauftragte ihre synodalen Ausschüsse sowie die Kirchenleitung, die Einzelheiten in den nächsten Monaten weiterzuberaten. Im November sollen erste konkrete Beschlussvorschläge vorliegen.

Ziel des Papiers "Perspektive 2025" ist es, vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ein realistisches Handlungskonzept für das Jahr 2025 zu entwickeln. Es soll die Kirche strukturell neu aufstellen und gestaltungsfähig halten. Hintergrund ist der anhaltende Rückgang der Mitgliederzahlen um jährlich knapp ein Prozent, für den in erster Linie die gegenüber den Sterbefällen rückläufigen Zahlen für Geburten und Taufen verantwortlich sind. Die EKHN geht deshalb davon aus, dass sie im Jahr 2025 etwa ein Viertel weniger Mitglieder und damit auch entsprechend geringere finanzielle Mittel haben wird. Sie beurteilt mit dieser Prognose ihre Zukunft aufgrund der wirtschaftlichen Stärke der Rhein-Main-Region deutlich besser als die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die für das gesamte Bundesgebiet von einer Halbierung der Mitglieder und der Finanzkraft ausgeht.

Die EKHN will und muss angesichts von derzeit 1,8 Millionen Mitgliedern in 1200 Gemeinden, etwa 10.000 hauptamtlich Beschäftigten und 4000 Gebäuden ihre künftigen Möglichkeiten entsprechend rechtzeitig steuern. Dafür hatte die Synode im November 2006 die Kirchenleitung (KL) mit strategischen Überlegungen beauftragt. Diese hatte mit Unterstützung von Arbeitsgruppen, zu denen auch externe Beraterinnen und Berater gehörten, daraufhin das jetzt vorgelegte Papier erstellt.

Sieben Prinzipien

Das Strategiepapier "Perspektive 2025" enthält sieben künftige Gestaltungsprinzipien. Erstens regt es den "Abschied vom Gleichheitsprinzip" an. Statt dessen könnten drei Typen von Regionen unterschieden und entsprechend ihres Bedarfs unterschiedlich ausstatten. Im ländlichen Raum soll die Dichte an Gemeindepfarrstellen verstärkt werden. In urbanen Verdichtungsräumen und Großstädten soll die pädagogische und Zielgruppenarbeit verstärkt werden.
Das Bekenntnis zur "Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge" ist Prinzip zwei. Zugrunde liegt die Erfahrung, dass nur ein Teil der Menschen durch die bisherige Arbeit von Kirchengemeinden erreicht werden könne. Das Papier plädiert deshalb für eine Ausdifferenzierung von Gemeindeformen sowie für weitere thematisch orientierte kirchliche Angebote, da viele Menschen die "Kirche bei Gelegenheit" aufsuchten.
Im Gestaltungsprinzip drei regt das Papier einen "Mentalitätswandel" bei den drei Schlüsselprofessionen der Kirche, dem Pfarramt, der Pädagogik und der Kirchenmusik an. Sie sollen, zusammen und mit den Ehrenamtlichen, besser kooperieren. In etlichen Arbeitsgruppen sei "die Notwendigkeit einer grundlegenden Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationseinheiten und Berufsgruppen betont" worden.
Unter Punkt vier plädiert das Papier dafür, die Eigenverantwortlichkeit von Gemeinden und Dekanaten sowohl im finanziellen als auch organisatorischen Bereich sowie bei der Wahl der thematischen Schwerpunkte zu verstärken.
Das Prinzip fünf schlägt eine straffere und effizientere Leitungsstruktur vor.
Das Gestaltungsprinzip sechs regt an, "die häufig als unsachgemäß empfundene Konkurrenz zwischen parochialen (ortsgemeindlichen) und funktionalen Diensten zu überwinden".
Das siebte und letzte Gestaltungsprinzip fordert mehr Engagement bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung, da die Bedeutung Ehrenamtlicher zukünftig wachsen werde und die Kirche Menschen brauche, die "in glaubwürdiger und authentischer Weise Zeuginnen und Zeugen des christlichen Glaubens sind".

Kirche bleibt am Ort; weniger Dekanate, epd "unverzichtbar"

Das Papier bekennt sich zu einer gesicherten Präsenz der evangelischen Kirche in der Fläche und schlägt vor, bis 2025 die Zahl der Dekanate von derzeit 48 auf 30 und die Zahl der Propsteien von derzeit sechs auf vier reduzieren. Auch eine gezieltere Personalplanung, die sich am Bedarf der Kirche orientiere, wird für notwendig gehalten. Die regionale Öffentlichkeitsarbeit, die derzeit auf die Dekanaten bezogen ist, soll in vier bis sechs regionalen Agenturen gebündelt werden, die auf die medialen Zentren und ihr Umland bezogen sind. Die Existenz des Evangelischen Pressedienstes (epd) wird als "unverzichtbare" publizistische Arbeitsbereich genannt.

Entscheidende Bezugspunkte: Ortsgemeinde und Evangelisch

Das Strategiepapier regt an, die Arbeit der Kirche auf zwei Bezugspunkte zu konzentrierten, zum einen die Ortsgemeinde und zum anderen der Sammelbegriff "evangelisch" beziehungsweise "Evangelische Kirche", da dies die Bezugspunkte der meisten Menschen seien. Weitere Begriffe wie Landeskirchen und andere Untergliederungen träten dagegen zurück.

Kirchen bleiben, Gemeindehäuser gehen

Betont wird die große symbolische, geistliche und emotionale Bedeutung der 1278 Kirchengebäude, von denen 1175 unter Denkmalsschutz stehen. Deshalb könne nur mit einer Reduktion von ein bis zwei Kirchen pro Jahr gerechnet werden. Bei den Gemeindehäusern spricht das Papier hingegen von einem "erheblichen Überangebot an Versammlungsflächen", das bis 2025 um 40 Prozent reduzieren werden solle. Angeregt wird die Gründung einer Kirchbaustiftung, die bis 2025 ein Drittel der Bauunterhaltung übernehmen soll und dafür jährliche Beträge in Höhe von 5 Millionen Euro ausschütten müsste.

Sponsoren und Pfarrer/innen gesucht

Im Finanzbereich wird die Beschaffung von Drittmitteln deutlich forciert. 2025 sollen diese Einnahmen mittels Fundraising, Fördervereinen und Stiftungen von derzeit zehn auf 20 Prozent der Einnahmen, was 36 Millionen Euro entspricht, erhöht werden. Angesichts des vorhersehbaren Nachwuchsmangels im Pfarrberuf will die Kirchenleitung die Zahl der Pfarrstellen zunächst um ein Prozent pro Jahr kürzen. Mit der Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge ab 2012 soll die Zahl der Pfarrstellen um 1,5 und ab 2018 um zwei Prozent reduziert werden. Ansonsten werde die hohe Zahl vakanter Stellen nicht mehr ausreichend steuerbar sein.