"Über Geld redet man nicht, man hat es". Geld war kein Thema für Christen. Es brauchte auch kein Thema zu werden, denn in den vergangenen Wohlstandsjahren war es überall ausreichend vorhanden. Die öffentlichen Kassen waren gut gefüllt. Auch die Kirchen konnten bauen, organisieren, Aufgaben und Stellen finanzieren. Die Kirchensteuer-Einnahmen waren reichlich und sicher.
Weil sich das geändert hat, denken neuerdings viele Leute über Geld nach. Das macht sich bemerkbar in zahlreichen Büchern. Interessant ist zum Beispiel ein kürzlich erschienener Sammelband "Geld als bestimmender Faktor menschlicher Existenz" (Leipzig 2006), in dem Theologen zusammen mit Experten anderer Fachrichtungen ihre Erkenntnisse zusammengetragen haben.
Nicht nur der Geldmangel der öffentlichen Kassen macht uns Sorgen, sondern die allgemeine Unsicherheit in der Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit. Eine der Ursachen hierfür ist die "Globalisierung", die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung über Länder und Erdteile hinweg. Erleben wir nicht weltweit, wie die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden? Die Globalisierungsgegner protestieren und demonstrieren dagegen. Sie weisen hin auf die Ausbeutung von Menschen und die Schädigung der Umwelt durch Firmen, Konzerne, die nur auf Gewinne und steigende Aktienkurse oder Rendite aus sind.
Das gibt es. In der Missionszeitschrift "darum" Nr. 5/2006 schildert ein Artikel unter der Überschrift "Mammon contra Menschenrechte" böse Beispiele. In "Entwicklungsländern" werden Wälder abgeholzt, Bodenschätze gewonnen. Dabei arbeiten Leute zu menschenunwürdigen Bedingungen, und es bleiben schlimme Schäden für das Land. Geld wird hier zum gefährlichen, ja zerstörenden Machtmittel, zum Mammon.
Aber es gibt auch die guten Beispiele, in denen Geld "Lebensmittel" ist und die Entwicklung eines Landes und seiner Menschen fördert. In den Regenwäldern von Papua-Neuguinea hat man Ölvorkommen entdeckt. Das Ölkonsortium, das dort bohrt und fördert, arbeitet mit dem World Wildlife Funds zusammen und achtet darauf, dass die Tier- besonders die Vogelwelt nicht gestört wird. Den ansässigen Ureinwohnern wird eine Vergütung für das Öl aus ihrem Land gezahlt.
Die Vereinten Nationen propagieren den "Global Compact" mit zehn Prinzipien für verantwortliches, nachhaltiges unternehmerisches Handeln, das Entwicklung auf die Dauer fördert. Beobachtet und kontrolliert wird dies durch die "Novartis-Stiftung für Nachhaltige Entwicklung". In Deutschland gibt es den "Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden", der in ähnlicher Weise Regeln oder Maßstäbe für gutes Wirtschaften zusammenstellt. Hier sind Beispiele, Geld nicht als Macht- sondern als Lebensmittel zu verwenden.
Dazu kommen "alternative" Wirtschafts- und Handelsformen wie die GEPA, deren Angebote aus "fairem Handel" in den Welt-Läden verkauft werden - oder der ökumenische Darlehensfonds ECLOF, der vor allem für Klein-Kredite sorgt und damit in vielen Ländern Menschen "auf die Beine hilft".
Unter Christen setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass es besser ist, solche guten Beispiele zu fördern und zu stärken, als nur zu jammern und zu protestieren.
In diesem Zusammenhang besinnen wir uns in den Kirchen neu auf die Bedeutung von Spenden und Kollekten. Das wichtige biblische Beispiel ist hierbei die Kollekte, die der Apostel Paulus unter den neu entstandenen Gemeinden in Griechenland und Kleinasien für die Urgemeinde in Jerusalem gesammelt hat. Es gibt ein Buch darüber, verfasst von dem inzwischen verstorbenen Professor für Neues Testament in Frankfurt, Dieter Georgi. Darin wird die ganze Geschichte dieser Kollekte mit allen Zusammenhängen geschildert, und in der Neuausgabe des Buches hat Georgi in diesem Zusammenhang über die Geldwirtschaft, die Bedeutung des Geldes als Lebensmittel überhaupt nachgedacht.
Besonders wichtig sind die Kapitel 8 und 9 aus dem zweiten Korintherbrief. Jedes Kapitel war ursprünglich ein besonderes Schreiben mit einer Empfehlung der Kollekte. Später wurden die einzelnen Briefe zu einem längeren Gesamtbrief zusammengefügt. Paulus braucht in seiner Spendenwerbung das Bild von Saat und Ernte: Geld kann an der richtigen Stelle wie ein Same sein, aus dem etwas Gutes wächst, "Leben" gefördert wird. Zu diesem Leben, das Paulus beschreibt, gehört auch die Dankbarkeit gegenüber Gott..
Es ist gut, wenn wir uns heute wieder neu darauf besinnen, dass Geld - unser Geld, das wir bekommen haben und über das wir verfügen, - "Lebensmittel" sein kann. Gehört nicht auch die Jugendburg Hohensolms zu den Orten, an denen guter Same gesät werden soll - in der Hoffnung, dass "Leben" daraus wächst? Und vielleicht wird gerade in der kommenden Zeit Hohensolms immer stärker darauf angewiesen sein, dass es Freunde und Förderer gibt, die dazu beitragen, dass die Jugendburg ein Ort der Saat und des Lebens bleibt.
Otto Kammer